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Rächtzytig

Die Ehe für alle kommt – was ändert sich und was bleibt gleich?

By 21. Februar 2022Dezember 16th, 2022No Comments

Die Ehe für alle kommt – was ändert sich und was bleibt gleich?

Am 26. September 2021 hat das Schweizer Stimmvolk Ja gesagt zur Ehe für alle und ab dem 1. Juli 2022 können nun gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen. Was bedeutet das für betroffene Paare?

Das ändert sich:

Eingetragene Partnerschaft

Bisher konnten gleichgeschlechtliche Paare nur eine eingetragene Partnerschaft eingehen, welche sie in vielerlei Hinsicht der rechtlichen Stellung eines Ehepaars näherbrachte, sie jedoch nicht in jeder Hinsicht mit ihnen gleichstellte. So haben eingetragene Partner z.B. nach dem Tod des Partners einen gesetzlichen Erbanspruch wie Ehepartner. Während der eingetragenen Partnerschaft bleiben die Vermögen jedoch getrennt und es kommt bei der Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft nicht zu Ausgleichszahlungen wie bei der Auflösung einer Ehe, auch wenn ein Partner weniger verdient hat als der Andere.

Ab dem 1. Juli 2022 können eingetragene Partnerschaften in eine Ehe umgewandelt werden. Dafür ist eine gemeinsame schriftliche Erklärung beim Zivilstandsamt einzureichen. Ab diesem Zeitpunkt können ausserdem keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr geschlossen werden. Paare, die bereits in einer eingetragenen Partnerschaft leben, können diese aber wie bisher weiterführen. Paare, die im Ausland geheiratet haben und im Zivilstandsregister der Schweiz mit dem Zivilstand „in eingetragener Partnerschaft“ registriert wurden, unterstehen jedoch bereits per 1. Januar 2022 dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung.

Mit der Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in die Ehe ändert sich somit der Güterstand. Paare, die weiterhin möchten, dass ihre Vermögen getrennt bleiben, müssen aktiv werden und einen Ehevertrag abschliessen. Hingegen bleiben zwischen den Partnern bereits abgeschlossene Vermögensverträge weiterhin gültig. Für die Zuordnung von Vermögenswerten sieht das Gesetz aber keine Rückwirkung vor. Das heisst, der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung gilt erst ab dem Zeitpunkt der Umwandlung und wird nicht auf den Zeitpunkt, in dem die Partnerschaft eingetragen wurde, zurückbezogen. Durch Vermögens- oder Ehevertrag können Paare jedoch etwas anderes vereinbaren.

Güterrecht

Nach dem bisherigen Partnerschaftsgesetz gilt für eingetragene Partner grundsätzlich eine Regelung, die der eherechtlichen Gütertrennung entspricht. Das heisst, jeder Partner verfügt über das eigene Vermögen und haftet für eigene Schulden mit dem eigenen Vermögen. Davon kann das Paar abweichen, indem es durch öffentlich beurkundeten Vermögensvertrag festlegt, dass bei der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft die Bestimmungen über die Errungenschaftsbeteiligung Anwendung finden sollen. Einen mit der Gütergemeinschaft vergleichbaren Güterstand gibt es für die eingetragene Partnerschaft nicht.

Dies ändert sich nun grundlegend: Für gleichgeschlechtliche Ehepaare gelten dieselben güterrechtlichen Regeln wie für gemischtgeschlechtliche. Der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung gilt ab dem Zeitpunkt der Eheschliessung (oder der Umwandlung einer eingetragenen Partnerschaft). Ab diesem Zeitpunkt fallen Vermögenswerte, die ein Ehegatte entgeltlich erwirbt, in die Errungenschaft. Die Errungenschaft wird dann bei Auflösung der Ehe – sei es durch Tod oder Scheidung – zwischen den Ehepartnern hälftig geteilt.

Durch einen Ehevertrag können die Eheleute ihren Güterstand modifizieren oder einen anderen Güterstand (Gütertrennung oder Gütergemeinschaft) wählen. Ein Ehevertrag kann auch mit einem Erbvertrag kombiniert werden, was gerade beim Vorhandensein von Nachkommen durchaus sinnvoll sein kann.

Adoption und Zugang zur Samenspende

Auch wenn zwischen einem Elternteil und einem Kind kein biologisches Abstammungsverhältnis besteht, kann ein Kindesverhältnis durch Adoption begründet werden. Wer in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, kann schon nach dem alten Recht das Kind seines Partners oder seiner Partnerin adoptieren. Mit der Öffnung der Ehe haben neu auch gleichgeschlechtliche Paare Zugang zur gemeinschaftlichen Adoption. Die Möglichkeit, ein Kind gemeinsam zu adoptieren, war zuvor nur gemischtgeschlechtlichen Ehepaaren vorbehalten.

Ausserdem erlaubt die Schweiz die Samenspende nur verheirateten Paaren. Deshalb weichen heute manche Frauenpaare für eine Samenspende ins Ausland aus. Dort ist aber nicht immer gewährleistet, dass das Kind erfahren kann, wer sein biologischer Vater ist. Mit der Öffnung der Ehe wird die gesetzlich geregelte Samenspende in der Schweiz auch verheirateten Frauenpaaren erlaubt. Das Gesetz sieht ausserdem in Art. 255a nZGB neu eine Mutterschaftsvermutung zu Gunsten der Ehefrau vor, welche zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit dessen Mutter verheiratet ist.

Erleichterte Einbürgerung

Ausländische Ehepartnerinnen und Ehepartner können sich in der Schweiz erleichtert einbürgern lassen. Mit der Ehe für alle gelten diese Erleichterungen auch für die ausländische Ehefrau einer Schweizerin und den ausländischen Ehemann eines Schweizers. Dabei wird hier die Dauer einer bereits eingetragenen Partnerschaft an die Dauer der Ehe angerechnet.

 

Das bleibt gleich:

Fortpflanzungsmedizin

Anonyme Samenspenden bleiben in der Schweiz weiterhin verboten. Unzulässig bleiben ebenfalls die Eizellenspende sowie die Leihmutterschaft.

Erbrecht

Wer eine eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln lässt, für den ändert sich aus erbrechtlicher Sicht praktisch nichts. Ehepartner haben wie eingetragene Partner einen gesetzlichen Erbanspruch. Dieser beträgt ½ des Nachlasses, wenn sie mit Nachkommen zu teilen haben und ¾ des Nachlasses, wenn sie mit Erben des elterlichen Stammes (Eltern, Geschwister, Nichten oder Neffen etc.) zu teilen haben. Hinterliess der Erblasser weder Kinder noch Erben des elterlichen Stammes, so sind sie Alleinerben. Der Pflichtteil beträgt weiterhin – auch nach Inkrafttreten des revidierten Erbrechts – ½ des hiervor aufgeführten gesetzlichen Erbanspruchs.

Steuerrecht

Eingetragene Partner und Ehepartner füllen genau gleich eine gemeinsame Steuererklärung aus und werden gemeinsam veranlagt. Wenn sich aber ein Konkubinatspaar dazu entscheidet zu heiraten, kann dies bei der Steuerveranlagung unter Umständen dazu führen, dass sie mehr Steuern zahlen müssen, weil durch die Zusammenrechnung von zwei Gehältern die Steuerprogression steigt. An der sogenannten Heiratsstrafe ändert sich auch nach der Ehe für alle nichts. Ausserdem haben Ehepaare weiterhin eine niedrigere AHV-Rente als Konkubinatspaare.

Haben Sie Fragen zum Ehevertrag oder benötigen Sie Hilfe bei Ihrer Nachlassplanung? Wir beraten Sie gerne in allen Angelegenheiten rund um das Thema Ehe- und Erbrecht.

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