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Rächtzytig

Erlebt die Familienstiftung ein Comeback?

By 24. Januar 2025No Comments

Erlebt die Familienstiftung ein Comeback?

In der heutigen Praxis fehlt ein Instrument, mit dem Vermögen dosiert an die Erben weitergegeben werden kann. Der gescheiterte Versuch, einen Schweizer Trust einzuführen, führt dazu, dass in der Schweiz auch zukünftig kein geeignetes Nachlassplanungsinstrument für die dosierte Weitergabe des Vermögens existiert. Zurzeit werden aber immer mehr Stimmen laut, die eine Liberalisierung der Familienstiftung als Lösung sehen.

Worum geht es?

Der Grundsatz im Schweizer Erbrecht geht davon aus, dass Erben mit allen Rechten und Pflichten in die Rechtsposition einer verstorbenen Person eintreten. Ehegatten und Nachkommen haben dabei einen gesetzlichen Anspruch, dass sie ihren Pflichtteil unbelastet – d.h. ohne Einschränkungen – erhalten. Gerade bei minderjährigen Nachkommen äussern Eltern (oder Grosseltern) aber immer wieder den Wunsch, dass die Erben nicht direkt über den vollen Nachlass verfügen können. Die Hauptsorge ist dabei, dass die jungen Erben die Erbschaft innert kürzester Zeit verprassen. Nach aktueller Gesetzeslage besteht kein geeignetes Instrument, den Nachlass im Bereich des Pflichtteilsrechts dosiert weiterzugeben.

Familienstiftung

Einen möglichen Ausweg sieht die Politik in der Reformierung der Familienstiftung. Die Familienstiftung ist ein verselbständigtes Vermögen, welches durch Erträge die einzelnen Familienangehörigen finanziell unterstützen soll.

Das heutige Recht zur Familienstiftung beschränkt den Stiftungszweck sehr stark. So dürfen Ausschüttungen der Stiftung nur für einzelne Bedarfszwecke (z.B. für die Ausbildung) oder bei existenzsichernden Bedürfnissen vorgesehen werden. Nach heutigem Recht nicht zulässig ist die generelle finanzielle Unterstützung durch regelmässige Auszahlungen ohne bestimmten Zweck (sogenannte „Unterhaltsstiftung“). Es verwundert daher nicht, dass heute kaum noch Familienstiftungen begründet werden.

Historische Betrachtung

Die Familienstiftung war in der Schweiz vor der Einführung des ZGB im Jahr 1912 eine gängige Möglichkeit, das Einkommen einer Familie über Generationen hinweg zu sichern.

Bei der Einführung des ZGB wurde die Familienstiftung (sowie die Familienfideikommisse und ein ähnliches Konstrukt namens „Familienkiste“) aber als stossend empfunden, da dadurch ein Vermögen dauerhaft mit einer Familie verbunden wurde und so dem allgemeinen Wirtschaftssystem entzogen sei. Zudem erinnerte dieses rechtliche Konstrukt zu stark an das Feudalsystem, welches sich seit dem Mittelalter entwickelt hatte und nicht mehr dem dannzumaligen Zeitgeist entsprach.

Alternativen zur Schweizer Familienstiftung

Da hierzulande ein geeignetes Instrument zur Nachlassplanung für die dosierte Weitergabe des Vermögens an die Nachkommen fehlt, wird in der Praxis auf angelsächsische Trusts und ausländische Familienstiftungen zurückgegriffen. Diese Konstrukte lassen sich aber nur schwer ins Schweizer (insbesondere Steuer-)‌Recht integrieren. Je nach gewähltem Instrument können aufgrund der unterschiedlichen Rechtsordnungen ungewollte Steuerbelastungen sowie andere Rechtsunsicherheiten entstehen.

Liberalisierung der Familienstiftung

Die Liberalisierung der Familienstiftung ist im politischen Diskurs angekommen. Dies zeigt auch die deutliche Annahme der Motion im Ständerat (31 zu 12) und Nationalrat (116 zu 68).

Das Parlament hat im Februar 2024 den Bundesrat beauftragt, die Liberalisierung der Familienstiftung durch eine Gesetzänderung vorzubereiten. Dabei soll insbesondere die sogenannte „Unterhaltsstiftung“ ausdrücklich zulässig werden. Zudem sollen auch weitere Erleichterungen (z.B. Widerruf oder Änderung des Stiftungszwecks) geprüft werden. Damit erhoffen sich die Befürworter, dass zukünftig ein Ausweichen auf ausländische Instrumente nicht mehr nötig sein würde und somit auch der Abfluss von Schweizer Vermögen ins Ausland verhindert werden könnte. Die Gegnerschaft befürchtet, dass die Familienstiftung ein Missbrauchspotenzial für Steuerhinterziehungen, Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung birgt.

Es erscheint zum jetzigen Zeitpunkt realistisch, dass eine Liberalisierung der Familienstiftung möglich ist. Wie weit diese Liberalisierung gehen wird, ist im politischen Prozess zu klären. Bis es aber so weit ist, stehen für die Nachlassplanung vorderhand nur die altbewährten Instrumente (Erbvertrag, Testament etc.) zur Verfügung.

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